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„Nichts ist mehr Euer eigen, als Eure Träume! Nichts mehr Euer Werk!

Stoff, Form, Dauer, Schauspieler, Zuschauer – in diesen Komödien seid Ihr alles Ihr selber!“

(Friedrich Wilhelm Nietzsche)

Genau wie die Träume, berichten uns Märchen und Mythen in der Bildsprache und in Metaphern von der Weisheit des Lebens und wollen uns zu einem freieren und schöpferischen Leben ermutigen.

Welche Wesen bevölkern die märchenhaften Landschaften, Höhlen, Seen und Gebirge?

Ist der ängstliche Frosch der König in meinem Seelenreich und meinem Leben?

 

Oder ist der Froschmord im Märchen "Der Froschkönig" nötig, damit der Prinz in uns zum Leben erwacht und wir ihn heiraten können? Damit wir ohne Angst in uns selbst eine Verbindung mit der Handlungskraft des Prinzen eingehen können und souverän ins Schloss unseres Lebens umsiedeln können?

 

Die goldene Kugel, die der Prinzessin in den Brunnen fällt, steht für die kreative, schöpferische Kraft der Kindheit, die die Prinzessin ins Unbewusste verdrängen musste.

 

Erst, indem die Prinzessin den Frosch an die Wand wirft, überwindet sie die Ambivalenz und Angst vor einem größeren Leben.

Sie wirft gewissermaßen ihre Kindheitsängste an die Wand, und gebiert so den Prinzen in sich, die eigene männliche Tatkraft, die in ihr steckt.

Noch ein schönes Beispiel finden wir im Märchen "Frau Holle", das uns ursprünglich an die Kraft einer weiblichen Gottheit erinnern sollte.

 

Die Erdgöttin Holle, auch "Hulda", in deren Reich Ostara, die Frühlingsgöttin, Ceres die Göttin des Sommer-Korns und Iduna, die Hüterin des goldenen Herbst-Apfels beheimatet sind.

Hulda ist ein höheres Wesen mit freundlicher Gesinnung, sie beschert dem gut geführten Haushalt Fülle. Was ist aber ein gut geführter Haushalt? Da geht es um das Haushalten in uns selbst. Wie gehe ich mit meinen Kräften um, für was setze ich sie ein? Befreie ich mich von seelischem und geistigem Schmutz, ernte ich die Früchte meines guten Tuns oder lasse ich sie verderben, esse ich das Brot des Lebens oder lasse ich es liegen ....

 

Hulda ist uns hold. Ihre großen Zähne symbolisieren die große Wahrheit, die sie spricht.

 

Wenn man nun die Personen im Märchen als Anteile von sich selbst versteht, dann breitet sich das Bühnenbild, das den Titel "Selbstfürsorge" tragen könnte, vor uns aus.

 

Das Märchen berichtet uns am Anfang, dass die Mutter mit der faulen, leiblichen Tochter vertrauter war. Das heißt, der "mütterliche" Anteil in uns war gar nicht mütterlich, denn er bevorzugte das faule Nichts-Tun, wir kümmerten uns nicht gut um uns.

Diese Mutter ist der Schattenanteil der guten Mutter, die hernach als Frau Holle in Erscheinung tritt.

Und so wie es eine bewusste, helle und eine unbewusste, schattige Mutterfigur gibt, so gibt es auch eine helle und dunkle Tochter, die daraus hervorgehen.

Die helle, bewusste Tochter, die spätere "Goldmarie", sitzt am Brunnenrand, um zu spinnen, um sich also mit dem (roten) Faden im Leben auseinanderzusetzen, mit dem sie ihr Lebensmuster webt. Die Spindel wird häufig auch als ein Symbole für die Erdachse verstanden, die sich durch alle drei Seins-Ebenen zieht.


Dabei „führt“ sie nun der Faden in die Unterwelt, in ihr Unbewusstes (die Spindel fällt in den Brunnen). Dort kommt sie wieder in Kontakt mit ihren verdrängten archaischen und natürlichen Kräften, die durch die Abfolge der Reisestationen "Frühlingswiese, Sommergetreide im Backofen und Apfelbaum im Herbst" symbolisiert werden.

Das Betten am Fenster aufschütteln, "sodass es schneit auf der Erde" bedeutet, dass Marie sich von ihrer unbewussten Gefühlskälte sich selbst gegenüber befreien muss.

Sie findet wieder Vertrauen in ihre Kraft und in die liebevolle Selbstfürsorge und möchte dies nun wieder in ihr Leben integrieren, denn sie möchte wieder auf die Erde zurück ("...und wenn es mir auch noch so gut hier unten geht, so kann ich doch nicht länger bleiben, ich muss wieder hinauf zu den Meinigen.")


Der Hahnenschrei steht als Symbol für ihr neues Bewusstsein, da die Sonne durch die Wanderung durch die nächtliche Unterwelt Licht ins Unbewusste gebracht hat und am Horizont wieder aufgeht, sprich: Das neue Bewusstsein in den Tag bringt. Die neue Währung ist nun Gold, das Gleichnis für Kreativität mit der sie nun das Leben in Liebe zu sich selbst gestalten kann.


Der unbewusste Schatten-Anteil in Marie, die spätere "Pechmarie" bekommt als Mitgift Pech, eines der ältesten Heilmittel, denn hier ist das Baumharz gemeint, das die Verletzung heilen soll, die es ihr unmöglich gemacht hatte für sich selbst gut zu sorgen.

So finden wir in allen alten Märchen, vor allem in der Urform, Botschaften, die liebevoll zu uns sprechen und uns an Kräfte in uns erinnern, die es wieder zu integrieren gilt.

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Brüder Grimm: 

"Die schönsten Märchen der Brüder Grimm" mit Aquarellen von Anastassija Archipowaerschienen im Esslinger Verlag

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